Haus »Max Winter«
Generalplanung eines sozial betreuten Wohnhauses für Langzeit-Wohnungslose in Wien. Erweiterung und funktionelle Integration mit dem bestehenden Verwaltungszentrum, Erweiterung der Garage für Einsatzfahrzeuge.
Auf der Straße leben heißt, jeden Tag kämpfen zu müssen. Um einen Schlafplatz und Nahrung, aber auch um Kontakt und Nähe.
Für die meisten BewohnerInnen bedeutet die Ankunft im Haus Max Winter deshalb, endlich einen festen Ort gefunden zu haben, an dem sie den Rest ihres Lebens bleiben können.
Sie haben ein Zimmer, über das sie selbst verfügen und das sie individuell gestalten können. Sie allein bestimmen, was gekocht wird. Einige haben ihr Haustier dabei, oft der einzige Bezug, den sie einen entscheidenden Teil ihres aufreibenden Lebens hatten.
"Obdachlos! Ohne Mittel sich ein Obdach zu schaffen! Hungrig! Frierend in den leichten Kleidern"
Das sozial betreute Wohnhaus Pillergasse ist nach dem Journalisten und Politiker Max Winter (∗ 1870 - † 1937) benannt. Als Erfinder der deutschsprachigen Sozialreportage beschrieb er undercover den Alltag benachteiligter Menschen in der Monarchie. Während er als Reformpolitiker und Gründer der Wiener Kinderfreunde rasch in die Stadtgeschichte einging, wurden seine rund 1500 akribisch recherchierten und umfassend belegten Reportagen erst in den 1980er Jahren wiederentdeckt.
Veröffentlichungen wie »Eine Nacht im Asyl für Obdachlose«, »Berliner und Wiener Asylhäuser«, »Bauet Obdachlosenasyle!« beschäftigen sich mit dem Leben wohnungsloser Menschen.
Indem wir die Verhältnisse schilderten, wie sie sind, glauben wir auch gezeigt zu haben, wo und woran es fehlt.
Der Samariterbund versteht sich als Lobby für Menschen, die am Rand stehe, denn sie sind Teil unserer Gesellschaft. Zum einen wohnen im Haus Max Winter Menschen, die aufgrund einer Kombination mehrerer Problematiken wohnungslos sind, zum anderen leben im Haus ältere Menschen, die aus Pflegeeinrichtungen entlassen werden konnten, aber noch Betreuungsbedarf haben.
Für die Betreuung steht ein multiprofessionelles Team aus SozialarbeiterInnen und WohnbetreuerInnen zur Verfügung. Es bietet den KlientInnen die Unterstützung an, die sie benötigen, um ihren Alltag zu bewältigen und gemeinsam mit anderen BewohnerInnen Aktivitäten setzen zu können.
Hier verbinden wir mit der erfolgreichen Realisierung das Bewusstsein anderen Menschen in der Verbesserung ihrer Lebensumstände geholfen zu haben.
Ein Haus für soziale Aufgaben zu planen, verlangt besonderes Engagement, Wissen und Verständnis. Soziale Architektur unterstützt und ermöglicht Vieles. Sie stellt den Menschen in den Mittelpunkt. Im Haus Max Winter ermuntern die Helligkeit der Räume, die freundlichen Formen und warmen Farben, sich wieder zu öffnen. Durch den großzügigen Innenhof mit seiner Pergola, die Terrassen und die Cafeteria entstehen Begegnungspunkte.
Rahmenbedingungen - Baubeschreibung - Bauchronik
Im Zuge der Bereinigung der Baustruktur eines Baublockes kam dem Bauvorhaben des Samariterbundes eine besondere städtebauliche Bedeutung zu. Einerseits war die Blockrandbebauung zu vervollständigen und andererseits der Übergang zum Bestand herzustellen.
- die optimale Lagegunst innerhalb eines Wohnviertels mit gewachsener Infrastruktur (Vermeidung von Gettobildung)
- die zeitgleiche Besiedlung mit der Nachbarschaft
- die soziale Harmonisierung durch ein breites Freizeit- und Bildungsangebot
- die Vermeidung von Sonderbauwirkung und ausgrenzender Darstellung
- die wirtschaftliche, rationelle Errichtung
- die Einbindung in bestehende Versorgungs- und Betreuungsstrukturen unter Berücksichtigung eines wirtschaftlichen Betriebes mit langfristiger Beständigkeit.
Pillergasse 24
Die funktionelle Integration mit dem bestehenden Verwaltungszentrum Pillergasse 24 bringt eine Erweiterung und Dachgeschossaufstockung. Durch die Verklammerung Neubau und Bestand werden Büroräume sowie weitere Nutzflächen geschaffen.
Das Samariterbund Verwaltungszentrum erhält einen neuen Zugang über die bestehende, westliche Durchfahrt. Hofseitig entsteht ein einhüftiger Erweiterungsbau mit Büroräumen und Dachgeschossaufstockung mit Mehrzweck-Saal, Foyers, Nebenräumen, Schulungsbereich und Büroräumen.
Hollergasse
Ein 2-geschossiges Verbindungsbauwerk im Anschluss an die Hollergasse bietet eine barrierefreie Verbindung zur Hollergasse 2-6 und den Altbestand Pillergasse 24.
Das Untergeschoss wird als Garage für Einsatzfahrzeuge und Lagerflächen genutzt. Innenhof und Terrassenfläche stehen als Freifläche für Mitarbeiter zur Verfügung.
Pillergasse 20
Die eigenständige Fassadengestaltung mit hinterlüfteter Verkleidung und französischen Fenstern zeigt die besondere Wohnnutzung. Die Anbindung an den vor die Baulinie tretenden Bestand erfolgt mit einer deutlichen Zäsur. Eine sich unterordnende Oberflächengestaltung der beiden Staffelgeschosse überlässt dem Hauptbaukörper die Dominanz.
Die Hoftrakte übernehmen sinngemäß in den gleichen Nutzungsbereichen die Geometrie der Fassadenöffnungen, erhalten jedoch als gestalterische Differenzierung zum Straßentrakt eine andere Oberfläche.
Damit erscheinen die inneren Hofbebauungen - auch durch die geringere Geschossanzahl bedingt - als eigenständige Bauteile.
© Peter Kainz M.A faksimile-digital.at, Gleichenfeier © PID/Schaub-Walzer